Living Art Bonsai - Wolf-Dieter Schudde

SchuddeGeboren am 21. März 1945 in Kreischa bei Dresden während eines Bombenangriffs der Aliierten, an deren Folge seine Mutter starb, wuchs Wolf-Dieter Schudde in Köln, später in Osnabrück bei seinen Großeltern auf. Nach seinem Studium der Malerei, Grafik und Kalligraphie an der Folkwangschule in Essen arbeitete er mit großem Erfolg als Art-Direktor und später als Creativ-Direktor und Geschäftsführer in verschiedenen internationalen Werbeagenturen.
Als er erkannte, dass seine berufliche Tätigkeit seine künstlerische Entwicklung beeinträchtigte, indem er auch in seiner Malerei nur noch den aktuellen Zeitgeist, ein wesentliches Kriterium kommerzieller Gebrauchsgrafik, befriedigte, statt sein Herzblut einzubringen, beschloss er nie wieder Pinsel und Leinwand anzurühren.
Stattdessen wandte er sich dem Thema Bonsai zu. Erstmals kennengelernt hatte er Bonsai im Zusammenhang mit seinem Studium der japanischen Kalligraphie. Hier fühlte er sich wieder unbelastet von den Erfolgsmechanismen der modernen Gebrauchsgrafik und wurde in nur wenigen Jahren zu einem der erfolgreichsten und anerkanntesten Bonsaigestalter außerhalb Japans. Die von ihm zwischen 1989 und 1997 herausgegebene Zeitschrift „Bonsai-Creativ…“ wurde in Europa zum Maßstab für den kreativen Umgang mit Bonsai.
Bei der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema bemerkte der unruhige und schöpferische Geist jedoch schon bald, dass nicht nur in Japan, dem Mutterland des Bonsai, diese Technik seit Jahrhunderten stagnierte. Sie kopierte sich regelrecht selbst, statt sich weiterzuentwickeln. Aus Kunst war auch dort Kunstgewerbe geworden.
Hier allerdings sah Schudde Handlungsspielraum und entwickelte in der Folge eine neuartige Vorgehensweise, die fixierten Sichtweisen zu Bonsai aufzulösen und somit Bonsai als freie Kunst zu reetablieren. Dabei wandte er sich verstärkt einer möglichen westlichen Interpretation von Bonsai und daraus folgend der Kombination von Miniaturbäumen mit ungewohnten Objekten zu. Diese Vorgehensweise sollte schließlich dazu führen, dass in Europa nicht mehr nur die traditionellen japanischen Sichtweisen immitiert, sondern eigene europäische Sichtweisen entstehen würden. Folgend ebnete Schudde auch den Weg für spätere Künstler wie Nick Lenz. Das Ergebnis war die von ihm so benannte „living art“. Sie war ebenfalls begründend für Schuddes Wahl von aus traditioneller Sicht häufig minderwertigen Ausgangspflanzen für seine Installationen.
Die Reaktion, insbesondere der deutschen Bonsaiszene, war jedoch sehr geteilt und oft verhalten. Eine Emotionalisierung erfolgte derart, dass einige Betrachter seine Werke lediglich nicht mochten, andere diese gar hassten und wieder andere sich durch die bildgewaltigen Darstellungen an Krieggeschehen erinnerten. Einige Werke Schuddes bewegten die Besucher derart, dass es zu Zerstörungsversuchen oder anderen Gefühlsausbrüchen kam. Doch einige wenige zahlten stolze Preise für seine Gestaltungen und schätzten sein Werk.
Während dies alles mittlerweile Jahrzehnte her ist, wird Schudde heute weitestgehend als „Star“ betrachtet, welcher jedoch eine derartige Anerkennung aufgrund seines frühen Todes Weihnachten 2002 nicht mehr erlebte. Zu Lebzeiten gewann er obgleich mit seinen Arbeiten zahlreiche Preise wie etwa den Ben Oki Internationalstudio Award. Seine wohl bekannteste Arbeit „gequält, gefoltert, und dennoch ich lebe!“, wurde Amnesty International gewidmet.
Heute existieren, trotz ihrer Außergewöhlichkeit, nur noch sehr wenige von Schuddes Exponaten. Umso mehr bin ich geehrt, den überwiegenden Teil von diesen zu pflegen und sogar mittlerweile einige mein Eigen nennen zu dürfen. (Text Max Engels und Manfred Meimberg)

„…wo die Sonnenwinde wehen…“

aus dem Zyklus: Im Rausch der Farben.
In diesem Motiv steht der Bambus als Symbol 
für die Lebensmaxime:
Sich biegen und beugen, 
ohne zu brechen.



Für den, der diese Bilder zu lesen versteht,
sind es Lebensweisheiten in der vordergründig plaktiven Form unserer Zeit.

„Gequält. Gefesselt und gefoltert. Dennoch: Ich lebe.“

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